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Interview

Mut statt Warten

Wie entwickelt sich der Channel von Lenovo und welche Rolle spielen KI, Datenqualität, Security und Services dabei? Michael Neuhold im Exklusiv-Interview mit EHZ Austria.

Mut statt Warten

„Wir müssen mutiger werden. Wir können nicht warten, bis alles zu 100 % ausgetestet ist und sich garantiert nicht mehr verändert.“
Michael Neuhold, Head of Channel Germany & Austria
© Lenovo

Michael Neuhold spricht über seine ersten 100 Tage in der GAT-Verantwortung, neue Herausforderungen im Channel und den Wandel vom Produkt- zum Lösungsanbieter.


EHZ austria: Wie waren die ersten 100 Tage in der neuen Rolle als Channel-Verantwortlicher für Österreich und Deutschland?

Michael Neuhold: Ich war ja die letzten sechs Jahre schon für Lenovo im Channel unterwegs. Mit 1. Juli habe ich die Gesamtverantwortung für den SMB-Channel in Deutschland und Österreich übernommen. Lenovo ist in seiner DNA ja sehr Channel-fokussiert. In Österreich sind wir ein vergleichsweise kleines Team, von dem nur ein Teil direkt für den heimischen Markt tätig ist. Wenn man mit dieser Struktur einen Umsatz in erheblicher Größenordnung erzielen will, gelingt das nur über Skaleneffekte. Wir interagieren pro Quartal mit 1.300 bis 1.400 Partnern – vom kleinen IT-Händler bis zu großen Systemhausgruppen. Diese Vielfalt macht es spannend. Außerdem war ich in den ersten 100 Tagen extrem viel unterwegs und wollte zuhören, verstehen, mitbekommen, was unsere Partner beschäftigt, wo Chancen und Risiken liegen. Am Ende bin ich ja dafür verantwortlich, die Channel-Strategie für Deutschland und Österreich zu zeichnen. Und das funktioniert nur, wenn man nicht an den Partnern vorbei arbeitet, sondern mit ihnen.


Was haben Sie in diesen Gesprächen gehört?

Neuhold: KI als Grundlagentechnologie ist DAS Thema. Und zwar nicht als Nice-to-have, sondern als absolut geschäftskritisches Thema. Alle, die sagen „Wir warten mal ab, was da kommt“, werden aus meiner Sicht klar im Nachteil sein. Der Need kommt aber stark von den Endkunden, die Produktivität steigern und Zeit oder Kosten sparen wollen. Und die, die diese Fragen beantworten sollen, sind unsere Partner – die Systemhäuser und Systemintegratoren – aber natürlich auch wir als Hersteller. Das merken wir deutlich. Was mir auffällt: Viele Partner haben gute Ideen rund um KI, stecken aber noch sehr im „Beschreiben der Ausgangslage“ und weniger in der Umsetzung konkreter KI-Projekte fest.


Ist gute Vorbereitung denn nicht wichtig?

Neuhold: Ja, absolut. Aber wir müssen trotzdem mutiger werden. Wir können nicht warten, bis alles zu 100 % ausgetestet ist und sich garantiert nicht mehr verändert. Irgendjemand hat mal gesagt: „Die KI, die wir heute nutzen, ist die schlechteste, die wir jemals genutzt haben.“ Und das stimmt. Wir müssen rausgehen, auch mit Technologien, die noch nicht jahrelang am Markt sind und gemeinsam mit den Kunden lernen. Und genau das passiert mir im Channel aktuell noch zu wenig.


KI, Cloud und Security sind keine „sichtbaren“ Produkte. Macht genau das Projekte schwieriger?

Neuhold: Das spielt sicher eine Rolle. Was wir aber noch viel häufiger sehen – und das ist in vielen Projekten ein echter Showstopper – sind unstrukturierte Daten. Und die sind für jede KI der Killer. Zumindest dann, wenn man wirklich messbare Ergebnisse will. Aber wenn die Lösung nachhaltig funktionieren soll, beginnt alles mit den Daten. Gerade im KMU-Land Österreich haben wir viele kleine und mittlere Systemhäuser, die sich bei KI-Projekten manchmal nicht „drübertrauen“. Verständlich, wenn so ein Projekt schiefgeht, kann das für ein kleines IT-Beratungsunternehmen existenzbedrohend sein. Genau hier wollen wir ein Safety-Net bieten. Lenovo sieht sich als Sparring-Partner. Die Botschaft an den Channel ist: Du musst nicht alles alleine machen. Der Partner entscheidet selbst, welche Bausteine er von uns nimmt und wir unterstützen dort, wo es nötig ist.


Ist das die neue Ausrichtung: Weg vom Produkt, hin zur Lösung?

Neuhold: Absolut. Die Strategie von Lenovo ist ganz klar: Wir entwickeln uns in allen Bereichen vom reinen Produktanbieter hin zum Lösungs- und Serviceanbieter. Natürlich haben wir im PC-Geschäft die längste Tradition und ein großer Teil unseres Brandvalues hängt daran. Aber wir gehen bewusst stärker in Richtung Infrastruktur, also Server- und Storage-Lösungen, und vor allem in den Bereich Dienstleistungen, Lösungen und Services. Und genau dort setzen wir in unseren Partnerprogrammen auch den größten Fokus. Nicht, weil wir keine guten PCs mehr bauen wollen, sondern weil wir sehen, dass viele Kunden bereits stark im Workplace-Bereich mit Lenovo arbeiten, aber noch keine Infrastruktur oder Services von uns nutzen.


Sie bieten mit AI Fast Start einen besonderen Service. Wie sieht der aus?

Neuhold: Mit AI Fast Start bieten wir Endkunden an, gemeinsam mit dem Channel-Partner 90 Tage lang einen Consultancy-Service zum Thema KI zu nutzen. Wir starten bei der Projektidee und arbeiten dann mit unserer Wissensdatenbank AI for Innovators, in der globale Referenzstories zu KI enthalten sind. So kann sich ein Kunde anschauen, wie andere mit ähnlichen Anforderungen KI eingesetzt haben. Dann geht es um das Thema strukturierte und unstrukturierte Daten. Wir unterstützen dort mit unseren Data-Center- und Workplace-Lösungen. Danach sprechen wir über Nutzungskonzepte und gehen schließlich in die Umsetzungsplanung und in die Messung von Ergebnissen. Das Ganze ist bewusst auf 90 Tage terminiert, damit am Ende klar ist: Wenn du das machst, erreichst du das. Damit kann der Kunde dann auch zu seinem CFO gehen.


Welche Rolle spielt Security bei Lenovo?

Neuhold: Die ist für uns wesentlich, vor allem, wenn es um Hardware-Security geht. Da sprechen wir über Trusted Platform Modules, über Hardwareschutz und natürlich auch über Softwarelösungen. Unter dem Begriff ThinkShield fassen wir alles zusammen. Dahinter stehen Eigenentwicklungen im Bereich Cybersecurity auf der Softwareseite, die standardmäßig mit unseren Lösungen kommen, zum Teil aber auch als Paid-Varianten über Software-as-a-Service verfügbar sind. Gleichzeitig arbeiten wir mit allen relevanten Software-Herstellern für Workplace- und Infrastruktur-Devices zusammen. Was für mich – gerade aufgrund der geopolitischen Situation – noch wichtiger ist, ist das Thema Supply-Chain-Security. Wir haben seit Jahrzehnten ein Trusted-Supply-Chain-Modell, bei dem jeder Produktionsschritt für den Kunden einsehbar ist. Über QR-Codes wird abgeglichen, ob Mainboard, Festplatte oder Speicher tatsächlich jene Komponenten sind, die in der Produktion verbaut wurden. Zusätzlich muss man ganzheitlich im Sinne des Kunden mitdenken. Denn wenn ein Kunde ein securitytechnisch topbewertetes Lenovo-Gerät nutzt, dann aber Peripherie anschließt, die unter Umständen neue Risiken erzeugt, müssen wir das berücksichtigen. Genau deshalb denken wir solche Szenarien bereits in unseren BIOS- und Hardware-Einstellungen mit. Wir arbeiten zum Beispiel exklusiv mit Absolute zusammen. Das ist eine Software-as-a-Service-Lösung, die weltweit standardmäßig auf jedem Lenovo-Produkt installiert ist. Damit kann ein Admin Geräte remote löschen, zurücksetzen, sperren oder tracken – überall auf der Welt, wenn die Unternehmensrichtlinie das vorsieht.

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