Interview
Alexander Wettjen: Sprache bleibt wichtig
Telefonie verliert an Bedeutung, junge Menschen kommunizieren fast ausschließlich schriftlich. Welche Rolle spielt Sprache in einer zunehmend digitalen Geschäftswelt? Darüber haben wir mit Alexander Wettjen, NFON Executive Vice President Sales & Partner Management gesprochen.

„Im B2B-Kontext bleibt Sprache weiterhin essenziell, besonders in kritischen Situationen. Wenn es wichtig wird, sprechen wir.“ Alexander Wettjen, NFON Executive Vice President Sales & Partner Management
Bild: ©NFON
EHZ austria: Man hört oft, dass junge Menschen kaum noch telefonieren. Wie wichtig ist Telefonie heute noch?
Alexander Wettjen: Im B2B-Kontext bleibt Sprache weiterhin essenziell, besonders in kritischen Situationen. Wenn es wichtig wird, sprechen wir. Wir beobachten die Nutzung von Telefonie sehr genau. Dabei sehen wir verschiedene Dimensionen: Zum einen bleibt die Anzahl der Nutzer pro Anlage stabil bzw. steigt sogar. Zum anderen beobachten wir die sogenannte Airtime, also die tatsächliche Gesprächsdauer. Hier sehen wir ebenfalls stabile bis wachsende Werte. Sprache wird jedoch zunehmend anders genutzt. Wenn wir uns Technologien wie Voice-to-Speech oder Speech-to-Text ansehen, gehen wir davon aus, dass die Nutzung von Sprache sogar steigen wird. Diese Anwendungen machen das Konsumieren von Informationen noch einfacher.
Voicemails werden oft lieber gelesen als abgehört. Ist das einfach eine Frage von Consumer- versus Business-Nutzung?
Alexander Wettjen: Ich habe dazu keine konkrete Studie, aber aus Erfahrung kann ich sagen, dass es definitiv Unterschiede gibt. Wenn ich meinem elfjährigen Sohn etwas mitteilen möchte, schicke ich ihm eine Sprachnachricht, bei meinen Eltern ist es genau andersherum, denen schreibe ich Textnachrichten. Im geschäftlichen Kontext sieht das noch einmal anders aus. Wenn ich mein eigenes Verhalten reflektiere, habe ich im vergangenen Jahr kaum noch auf Sprachboxen gesprochen. Ich weiß, dass ich Nachrichten effizienter per Sprache-zu-Text übermitteln kann. Intern nutze ich fast ausschließlich Sprachnachrichten, die direkt transkribiert werden, weil ich weiß, dass mein Gegenüber sie dann so konsumiert, als hätte ich ihm eine normale Textnachricht geschickt. Deshalb sehe ich eine steigende Nutzung von Sprache – aber auf eine neue Art und Weise.
Spracherkennung und Transkription sind bei Messengerdiensten nicht immer perfekt. Bei NFON hingegen scheint die Qualität der Transkription deutlich besser zu sein.
Alexander Wettjen:Der entscheidende Faktor ist die zugrunde liegende Technologie – das sogenannte Large Language Model. Wir beschäftigen uns intensiv mit diesem Thema, denn die Qualität der Transkription hängt davon ab, wie gut das Modell trainiert ist und wie tief es in die Sprache eindringen kann. Wenn wir innerhalb unseres Systems auf Deutsch arbeiten, nutzen wir sogar bayerische Dialekte – und das funktioniert hervorragend. Es geht letztlich um den Detailgrad und die Präzision des Modells.
KI gilt als Game Changer. Wie stellt sich NFON hier auf?
Alexander Wettjen: NFON hat sich bereits früh intensiv mit künstlicher Intelligenz beschäftigt und letztes Jahr ein eigenes Kompetenzzentrum geschaffen – mit dedizierten Ressourcen, die sich ausschließlich diesem Thema widmen. Das zentrale Element bei KI ist das Know-how im Unternehmen. Es sind die Talente, die diese Modelle verstehen, weiterentwickeln und designen können. NFON setzt dabei auf eigene Entwicklungen. Natürlich basieren sie auf etablierten Technologien, aber der entscheidende Punkt ist, wie wir diese einsetzen und welche Ergebnisse wir damit erzielen. Ein Beispiel ist unsere NFON AI (NIA), deren Antwortlogik, Tiefe und Genauigkeit speziell auf unsere Anforderungen zugeschnitten ist. Das ist unser Wettbewerbsvorteil: Wir können KI gezielt für unsere Partner und Endkunden einsetzen. Wir haben früh und nachhaltig in diese Kompetenzen investiert und tun das weiterhin.
Was haben die Partner vom neuen KI-Ansatz?
Alexander Wettjen:Das ist eine sehr spannende Frage, denn hier gibt es mehrere Dimensionen. Unsere Vertriebspartner in Österreich und Deutschland stehen vor zwei zentralen Herausforderungen: Zum einen müssen sie ihre bestehenden Kunden auf dem Weg in die Zukunft begleiten und sicherstellen, dass diese sie weiterhin als Trusted Advisor wahrnehmen. Denn KI ist ein großes Thema, mit dem sich Unternehmen beschäftigen. Ein gutes Beispiel ist ein Kunde, der vor der Herausforderung steht, dass er mehr Anrufe erhält, als seine aktuellen Mitarbeiter bewältigen können. Er denkt zunächst über klassische Telefonielösungen nach, kommt dann aber schnell zu dem Punkt, dass er eigentlich mehr Personal einstellen müsste. Und genau hier setzt unser Ansatz an: Wir müssen nicht nur über KI sprechen, sondern über Prozessoptimierung, Effizienzsteigerung und letztlich auch über Kundenzufriedenheit. Denn genau das sind die Faktoren, die sich durch den Einsatz unserer Technologie verbessern lassen.
Für die Partner bedeutet diese Entwicklungen eine große Umstellung.
Alexander Wettjen:Das ist definitiv eine der zentralen Herausforderungen für den Channel in diesem Jahr, und NFON unterstützt hier aktiv. Wir bringen für jeden Partner einen AI-Experten in den Vertriebsprozess mit ein – das heißt, wir begleiten unsere Partner konkret bei Projekten. Zusätzlich bieten wir Schulungen an, um das notwendige Know-how aufzubauen. Unsere Partner müssen sich bewusst werden, dass Telefonie alleine nicht mehr reicht. Viele Unternehmen haben Probleme wie Personalmangel oder Effizienzdefizite – Herausforderungen, die nicht allein mit einer klassischen Telefonanlage gelöst werden können. Deshalb integrieren wir smarte Features in unsere Telefonielösungen, um genau solche Probleme zu adressieren. Ein weiterer Punkt: Wenn es konkreter wird, unterstützen wir unsere Partner mit unseren Experten direkt im Projekt. Und das Beste: Diese Unterstützung ist für den Partner nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Ab Juli soll ein neues Partnerprogramm starten. Können Sie dazu schon Details nennen?
Alexander Wettjen: Unsere Ausgangssituation ist aktuell so, dass wir mehrere Partnerprogramme international parallel betreuen. Zusätzlich gibt es Partner, beispielsweise in Italien, die keinem festen Programm zugeordnet sind und individuell mit uns zusammenarbeiten. Diese Situation hat uns dazu bewogen, ein völlig neues Partnerprogramm aufzusetzen. Unser Ziel ist es, ein globales Programm zu schaffen, das sowohl national als auch international funktioniert und gleichzeitig lokale Besonderheiten berücksichtigt. Gerade in Österreich gibt es viele Servicepartner, die sich stark auf Dienstleistungen konzentrieren. Deshalb stellen wir uns die Frage: Wie gehen wir mit Serviceverträgen um, die ein Partner mit seinen Endkunden hat? Wie können wir diese Strukturen optimal abbilden? Oder wäre es sinnvoll, Geschäfte gezielt an Servicepartner weiterzugeben? Das neue Partnerprogramm heißt Nexus und wird eng mit den aktuellen Entwicklungen in unserem Produktportfolio verknüpft sein. Wir wollen es auf eine solide Basis stellen, die unsere Partner langfristig unterstützt.