Interview
Martin Poglin: Die 360-Grad-Distribution
KI, Managed Services und IoT prägen die Zukunft der IT-Distribution. ALSO Österreich setzt auf smarte Automatisierung, digitale Plattformen sowie neue Geschäftsmodelle. Geschäftsführer Martin Poglin spricht über aktuelle Trends, Herausforderungen und sein Lieblingsprojekt.

„Der Security Circle ist eines meiner persönlichen Lieblingsprojekte. Unser Ziel ist es, Partner und Reseller in einem 360°-Konzept zu unterstützen.“ Martin Poglin, Geschäftsführer ALSO Österreich
Bild: Monatage © ALSO Österreich/Freepik
EHZ austria: Welche Entwicklungen und Trends sehen Sie aktuell als „Technology Provider“?
Martin Poglin: Grundlegend ist künstliche Intelligenz nach wie vor das zentrale Thema. Wir beschäftigen uns intensiv damit und setzen KI seit Beginn der Microsoft Copilot-Integration gezielt ein. Dabei nutzen wir die Vorteile dieser Technologie nicht nur für uns selbst, sondern bringen das Know-how aktiv in unsere Reseller-Landschaft ein. Parallel dazu optimieren wir kontinuierlich unsere Prozesse und Workflows. Ein gutes Beispiel ist unser KI-gestützter Chatbot im ALSO Cloud Marketplace (ACMP), der Support-Tickets analysiert, bestehende Anfragen auswertet und Antworten automatisiert bereitstellt. Dadurch entlasten wir den First-Level-Support erheblich. Gerade in einem Umfeld mit vielen Resellern ist es essenziell, Routineanfragen zu reduzieren und die Support-Mitarbeiter gezielt mit qualifizierten Anfragen zu betrauen. Ein weiteres großes Thema ist das Konzept des ortsunabhängigen Arbeitens – „Work Everywhere“. Die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsplatzlösungen wächst stetig, weshalb Unternehmen zunehmend auf Public-Cloud-Lösungen setzen, um moderne Arbeitsplätze effizient bereitzustellen. Shared-Desk-Modelle, Homeoffice und Workation sind längst etablierte Konzepte, die die Anforderungen an IT-Infrastrukturen grundlegend verändern. In diesem Zusammenhang gewinnt auch das Thema Managed Services zunehmend an Bedeutung. Wir sehen eine verstärkte Nachfrage nach umfassenden 360-Grad-Lösungen, die Unternehmen eine vollständige Abdeckung ihrer IT-Ausstattung ermöglichen.
Klingt so, als würde sich der Markt langfristig vom klassischen Hardware-Geschäft wegbewegen?
Martin Poglin: Die Hardware bleibt unser Kerngeschäft und wird auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Ich sehe nicht, dass der Hardware-Markt in den nächsten fünf bis zehn Jahren verschwindet – das wird nicht passieren. Natürlich verändert sich die Infrastruktur und verlagert sich zunehmend in die Cloud, aber Endgeräte werden immer gebraucht. Die größere Veränderung findet auf der infrastrukturellen Ebene statt. Unternehmen setzen zunehmend auf hybride Ansätze, bei denen Teile der IT in die Cloud verlagert werden, während essenzielle Komponenten weiterhin lokal betrieben werden. Mietmodelle und As-a-Service-Konzepte werden dabei zunehmend relevanter, insbesondere für Unternehmen, die ihre IT-Infrastruktur flexibler gestalten möchten. Das bietet Unternehmen nicht nur finanzielle Flexibilität, sondern reduziert auch den administrativen Aufwand für Wartung und Updates. Wir begleiten unsere Partner bei diesem ganzheitlichen Ansatz von der Finanzierung bis hin zum Remarketing.
Sie haben ein sehr starkes digitales Angebot mit Ihrem Marketplace. Wie entwickelt sich dieser weiter?
Martin Poglin: Der ALSO Cloud Marketplace ist eine der umfassendsten Lizenz-Management-Lösungen inkl. Reports am Markt. Seit seiner Einführung im Jahr 2015 haben wir sie kontinuierlich weiterentwickelt. Unser Fokus liegt darauf, unsere Partner und Reseller noch besser zu unterstützen und Geschäftsprozesse weiter zu automatisieren. Ein bedeutender Schritt war der Launch des „Dynamic Marketplace“ Ende letzten Jahres. Dieses System erleichtert unseren Resellern die Preispflege, indem es Preisanpassungen automatisch vornimmt und sie lediglich darüber informiert – ohne dass manuell eingegriffen werden muss. Darüber hinaus haben wir zahlreiche neue Funktionen integriert, insbesondere im Bereich Reporting. Unsere Reseller erhalten nun noch detailliertere Analysen zur Geschäftsentwicklung, um fundierte Entscheidungen zu treffen und ihr Business gezielt weiterzuentwickeln. Zudem sind wir herstellerseitig sehr breit aufgestellt: Unsere Partner können aus einer Vielzahl von Herstellern und Lösungen wählen, um ihren Kunden eine ganzheitliche Lösung aus den verschiedenen Bereichen der IKT-Branche zu bieten.
ALSO bietet mit dem Security Circle eine umfassende Sicherheitslösung an. Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Martin Poglin: Der Security Circle ist eines meiner persönlichen Lieblingsprojekte. Unser Ziel ist es, Partner und Reseller in einem 360°-Konzept zu unterstützen – von der Analyse der bestehenden IT-Sicherheitsinfrastruktur beim Kunden über Pre-Sales-Beratung bis hin zu Penetrationstests. Wir identifizieren Sicherheitslücken, entwickeln maßgeschneiderte Konzepte und helfen, geeignete Herstellerlösungen zu integrieren. Unser Security-Team besteht derzeit aus rund 20 Experten und wir bauen diese Expertise kontinuierlich aus. Ein besonders wichtiger Aspekt ist die „Layer 8“-Thematik – also der Faktor Mensch. Der Benutzer hinter der Tastatur ist oft die größte Schwachstelle in der IT-Sicherheit. Deshalb setzen wir stark auf Awareness-Trainings, die wir sowohl als Schulungen durch unsere Pre-Sales-Mitarbeiter als auch über interaktive Softwarelösungen mit Gamification-Ansätzen anbieten. Ein gutes Beispiel ist auch unser mobiler Escape Room, den man für Security-Trainings mieten kann.
KI spielt auch eine Rolle im Bereich Security. Je stärker Hacker auf KI setzen, desto größer werden die Herausforderungen. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Martin Poglin: Mit KI kommen ganz neue Qualitäten an Angriffsmethoden ins Spiel – von hochentwickelten Phishing-Techniken bis hin zu automatisierten Hacking-Versuchen. Das ist eine große Herausforderung für die gesamte Cybersecurity-Branche. Deshalb haben wir unser Team auch stark aufgestellt. Besonders wichtig ist es, die Nutzer kontinuierlich abzuholen und auf den neuesten Stand zu bringen. Sicherheitsmaßnahmen müssen laufend angepasst werden, um auf neue Bedrohungen reagieren zu können. Während früher eine On-Premise-Installation oft nur einen einzigen möglichen Angriffspunkt hatte, existieren heute zahlreiche Eintrittswege: von Microsoft 365 über mobile Endgeräte mit iOS und Android bis hin zu Bring-Your-Own-Device-Modellen. Da wir mit einer großen Anzahl an Herstellern zusammenarbeiten, können wir entsprechend den Herausforderungen der Partner beim Kunden herstellerunabhängig beraten.
Das Internet of Things gewinnt zunehmend an Bedeutung. Welche Rolle spielt es in Ihrer Strategie?
Martin Poglin: Bisher ist IoT stark industriegeprägt und wird von spezialisierten Anbietern dominiert, die bereits seit Jahren in diesem Bereich tätig sind. Unser Ziel ist es, unseren IT-Resellern den Einstieg in das IoT-Business zu erleichtern. Dabei geht es nicht nur um klassische industrielle Anwendungen, sondern um den Büro- und Logistikbereich. Ein Beispiel ist die Automatisierung von Arbeitsplätzen und Besprechungsräumen. Mit unserer Plattform Workplace+ können Gebäudemanager, Wohnungsbaugesellschaften, Behörden und Unternehmen, Temperatur, Nutzung, Licht und sogar die Luftqualität in ihren Gebäuden überwachen. Auch in der Logistik bietet IoT spannende Möglichkeiten. Besonders interessant ist der sichere Transport sensibler oder wertvoller Waren. Unser „Dolly Plus“ beispielsweise ist ein vollständig getrackter Transportbehälter, der nur einmal verschlossen und am Zielort mittels eines einzigartigen Codes entriegelt werden kann.
Österreich befindet sich im dritten Jahr der Rezession. Wie sieht die wirtschaftliche Vision von ALSO für die nächsten drei bis fünf Jahre aus?
Martin Poglin: Unser Fokus liegt darauf, das zu optimieren, was wir besonders gut können. Wir sind ein Bereitsteller von Lösungen, Services und Hardware und operieren als Online-Distributor – das ist unser Kerngeschäft. Daher setzen wir kontinuierlich auf den Ausbau und die Verbesserung unserer Lieferkapazitäten und -qualität. Ein wichtiger Meilenstein war die Etablierung unseres österreichischen Warehouses, dass unsere Lieferzeiten erheblich verbessert hat.
Ein weiterer essenzieller Punkt ist der Ausbau unserer Value-Added-Services. Das treiben wir seit über zehn Jahren voran und werden weiterhin in Consulting, Managed Services und Support investieren. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, nicht nur den Umsatz zu steigern, sondern auch die Profitabilität durch Serviceleistungen zu sichern. Die Wirtschaft wird oft schlechter geredet, als sie ist. Unser Ziel ist es, weiter zu wachsen, sowohl in Bezug auf Umsatz als auch auf Profitabilität. Durch die Kombination unserer drei starken Säulen – das Supply-Geschäft mit Hardware, unsere Lösungsangebote und unsere Plattformen – sind wir gut aufgestellt. Wenn wir diese Komponenten optimal zusammenführen und stärken, dann bin ich überzeugt, dass ALSO auch in den nächsten Jahren eine erfolgreiche Zukunft vor sich hat.
ALSO Österreich plant den Relaunch seiner Website. Was können Ihre Kunden erwarten?
Martin Poglin: Spätestens im April wird die Österreich Website vollständig erneuert. Wir sind Pilotland für diese Umstellung und freuen uns auf den Launch. Die bestehende Seite ist über die Jahre gewachsen – teils sehr strukturiert, teils aber auch unstrukturiert. Viele Informationen sind aktuell schwer auffindbar oder verschachtelt. Das haben wir komplett aufgedröselt und die Website von Grund auf neu aufgebaut. Kunden dürfen sich auf eine moderne, intuitive Plattform mit neuen Features freuen, die ein völlig neues Nutzungserlebnis bieten wird.
Die Abschlussfrage: Was macht Ihnen besonders Spaß an Ihrer Arbeit?
Martin Poglin: Der Spaß an der Optimierung und der stetigen Weiterentwicklung unserer Angebote treibt mich an. Besonders wichtig ist mir auch der direkte Kontakt mit Kunden und Partnern. Ich bin viel draußen unterwegs, um zuzuhören und zu verstehen, welche Themen unsere Kundenlandschaft bewegen. Ich sehe mich als sehr kundenzentrierten Menschen – mir macht es große Freude, Einblicke zu gewinnen und darauf aufbauend Lösungen zu entwickeln, die echten Mehrwert bieten.